Schenkungen von Wertpapieren an die eigenen Kinder oder Enkel: Wann ist der optimale Zeitpunkt?

Schenkung von Wertpapieren

Für die Übertragung von Wertpapieren auf andere Personen gilt in Deutschland das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Das ErbStG sieht grundsätzlich vor, dass Vermögenswerte, wie beispielsweise Aktien, Fonds, ETFs oder Anleihen, im Wert von 400.000 Euro (für Kinder) bzw. 200.000 Euro (i.d.R. für Enkel) alle 10 Jahre verschenkt werden können, ohne dass hierfür eine Schenkungsteuer anfällt.

Im Sinne einer langfristigen und generationenübergreifenden Finanzplanung ist es daher gerade für wohlhabende Menschen sehr ratsam, sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, ob – und wenn ja wann – Vermögenswerte an nächste oder übernächste Generation übertragen werden sollten.

 

Timing beim Verschenken von Wertpapieren: Die Vor- und Nachteile verschiedener Zeitpunkte

Ist der prinzipielle Entschluss für einen Vermögensübertrag gefallen, gibt es unter den Aspekten des Timings letztlich zwei grundsätzliche Möglichkeiten:

  • Variante 1: Die Schenkung erfolgt zu einem möglichst frühen Zeitpunkt – im Extremfall also gleich nach der Geburt des Kindes/Enkelkindes oder wenige Jahre später.

 

  • Variante 2: Der für die Schenkung vorgesehene Betrag wird zwar separiert und ist fortan durch den Schenkenden nur gedanklich schon übertragen. Die Depotführung erfolgt aber zunächst weiterhin auf den eigenen Namen.

Beide Varianten haben Ihre Vorzüge, aber auch Nachteile. Sinnvollerweise sollten diese sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Mögliche Nachteile einer sehr frühzeitigen Schenkung von Wertpapieren noch im Kindesalter:

  • Ist eine Schenkung von Aktien, Fonds, ETFs oder Anleihen einmal vollzogen, so kann diese nur bei besonderen Fallkonstellationen, die im BGB aufgeführt sind, wieder rückgängig gemacht werden. Hierzu zählt beispielsweise die Verarmung des Schenkers. Die Hürden für eine Rückabwicklung sind aber hoch. Daher sollte der Schenkende vor einer Übertragung unbedingt auch eine mögliche Verschlechterung seiner eigenen wirtschaftlichen Situation, hervorgerufen beispielsweise durch höhere Kosten für Pflege oder sonstige Unterstützungsleistungen im fortgeschrittenen Lebensalter, durchrechnen. Die Frage lautet: Ist der verschenkte Betrag auch in einem solchen Szenario entbehrlich?

 

  • Eine weitere Rückabwicklungsoption einer Schenkung ist laut BGB gegeben, wenn ein „grober Undank“ des Beschenkten vorliegt. Doch muss hierfür ein gravierendes Fehlverhalten vorliegen und auch nachweisbar sein. Daher sollte sich der Schenker sehr sicher sein, dass das gute Verhältnis zu dem Beschenkten tatsächlich besteht und von diesem nicht nur aus purer Berechnung vorgegaukelt wird.

 

  • Je jünger der beschenkte Nachkomme ist, desto schwerer ist es absehbar, wie sich dessen weitere Lebensbahn entwickelt. Die Wahl eines falschen Partners oder der plötzliche Umgang mit einem problembehafteten Freundeskreis können starke negative Auswirkungen haben. Es kann sogar sein, dass das Wissen um ein bereits bestehendes eigenes stattliches Vermögen den Kindern signalisiert, dass es gar nicht erforderlich ist, sich selbst im Leben anstrengen zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass Schenkende eine solche Entwicklung nicht gutheißen.

 

  • Insbesondere bei der Schenkung an minderjährige Enkelkinder ist zu bedenken, dass der Schenkende dann rechtlich gesehen keinen Einfluss mehr auf die Art der Geldanlage nehmen kann. Dies ist stattdessen den Sorgeberechtigten – in der Regel also den Eltern des Enkels gemeinsam – vorbehalten. Es kann also sein, dass der Schenkende eine ganz andere Form der Anlage für sein Enkelkind vorgenommen hätte, als es der tatsächlichen Entscheidung der Eltern entspricht. Zusätzlich können Probleme entstehen, sofern sich die Eltern des Enkelkindes uneins darüber sind, wie das Geld angelegt werden soll. Dies ist zumindest in Fällen, in denen die Partnerschaft der Eltern in die Brüche geht, gar nicht einmal selten.

Mögliche Vorteile einer sehr frühzeitigen Schenkung noch im Kindesalter

  • Zumindest nach derzeitiger Gesetzeslage können die Schenkungsteuerfreibeträge alle 10 Jahre ausgenutzt werden. Gerade bei sehr hohen Vermögen ist dies ein starker Anreiz, frühzeitig mit der Übertragung von Vermögen zu beginnen, um im Falle des Vorliegens unveränderter Steuergesetzgebung einerseits und der ebenfalls erforderlichen Langlebigkeit des Schenkers andererseits die Schenkungsteuerfreibeträge mehrfach ausnutzen zu können.

 

  • Im Normalfall steigt der Wert von Vermögen im Zeitablauf an. Wird ein Vermögen im Wert von 400.000 Euro einem Kind schenkungsteuerfrei zur Geburt geschenkt und wächst der Wert dieses Vermögens im weiteren Verlauf auf 600.000 Euro an, unterliegt dieser Wertzuwachs nicht der Schenkungssteuer. Würde die Schenkung des Vermögens hingegen erst vollzogen, wenn der Wert des Vermögens auf 600.000 Euro angestiegen ist, würde eine Schenkungssteuerpflicht für 200.000 Euro entstehen.

 

  • Ab dem Zeitpunkt der Schenkung wird der Beschenkte auch Nutznießer der Früchte aus diesem Kapital. Hierbei kann es sich beispielsweise um Zinsen oder Dividenden handeln. Auch kann es zur Realisierung von Kursgewinnen kommen. Die Pflicht für die einkommensteuerliche Veranlagung derartiger Erträge geht bei einer frühzeitigen Schenkung ebenfalls zu diesem frühen Zeitpunkt auf den Beschenkten über. Das kann vor allem dann vorteilhaft ein, wenn der Beschenkte keine weiteren Einkünfte hat und somit Kapitaleinkünfte in Höhe des Grundfreibetrags zuzüglich des Freibetrages für Kapitaleinkünfte – in Summe also immerhin rd. 13.000 Euro – steuerfrei vereinnahmen könnte. Allerdings ist darauf zu achten, dass zu hohe Einnahmen von Kindern und Enkeln an anderer Stelle unerwünschte Effekte auslösen können. So ist eine beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Krankenkasse in 2025 grundsätzlich nur dann möglich, wenn die regelmäßigen Einkünfte des Kindes 535 Euro im Monat nicht übersteigen.

 

Realisierung der Kapitalertragsteuer als legale Gestaltungsmöglichkeit zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung

Bekanntlich unterliegt die Realisierung von Kursgewinnen der Abgeltungsteuer, die derzeit 25 % plus Soli (und ggf. Kirchensteuer) beträgt. Vor einer Übertragung kann es sich somit bei Wertpapieren mit schwebenden Gewinnen anbieten, diese zu verkaufen, um dadurch die Kapitalertragsteuer auszulösen und die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der (späteren) Schenkungsteuer zusätzlich zu reduzieren. Grund dafür ist, dass die Schenkungsteuer auf Grundlage des entsprechenden Wertes der Wertpapiere berechnet wird.

Genau andersherum verhält es sich bei Wertpapieren mit unrealisierten Verlusten. Da bei Schenkungen die ursprünglichen Anschaffungsdaten mit übertragen werden, ist ein späterer Wertzuwachs bis zum ursprünglichen Anschaffungswert beim Beschenkten (zusätzlich) steuerfrei.

Wie ersichtlich ist es zwingend erforderlich, die Vor- und Nachteile des Timings einer Schenkung bedeutender Vermögenswerte, beispielsweise von Aktien, Fonds, ETFs oder Anleihen an die eigenen Kinder und Enkel im konkreten Einzelfall gegeneinander abzuwägen. Zur Prüfung von rechtlichen Aspekten und steuerlichen Effekten sollte die fachliche Expertise von Anwälten und Steuerberatern hinzugezogen werden – im Idealfall gemeinsam mit Ihrem Anlageberater.

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